Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 65/1950
Zu Ausschussbericht:Bericht des Ausschusses für Verfassung und Verwaltungsreform
Nachweis:GP VI, SNr. 11
Datum:25.01.1950
Protokoll im Original

S. 243ff. Nach der Verlesung des Ausschussberichtes kommt es zu einer hitzigen Debatte zwischen Vertretern der WdU einerseits und der SPÖ und ÖVP andererseits. Obwohl der vorliegende Gesetzesentwurf lediglich auf eine Fristverlängerung abzielt, ist Gegenstand der Auseinandersetzung § 4 des Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes, der sich mit dem Widerruf von Ausbürgerungen beschäftigt. Abg. Helfried Pfeifer (WdU) erklärt, dass nur eine bestimmte Gruppe von Personen von dem Widerrufsrecht profitieren würde. Es werde „zwischen Staatsbürgern verschiedenen Rechts“ (S. 244) unterschieden. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass bereits die Ausbürgerungen – da auf Basis eines Gesetzes in seiner Fassung vom 16.8.1933 geschehen – verfassungswidrig gewesen seien, weshalb allen Betroffenen das Recht auf Widerruf zugänglich gemacht werden müsse. Dem Argument, eine Wiedereinbürgerung komme auch potentiellen Straftätern zugute, sei damit zu begegnen, dass es in einem solchen Fall Strafgesetze gebe, welche diese Personen zur Verantwortung ziehen würden. Abg. Otto Probst (SPÖ) erklärt daraufhin, dass Pfeifers Forderung zur Aufhebung der Trennung zwischen Schuldigen und Unschuldigen führen würde. Keine Unterschiede bei der Rückgabe der Staatsbürgerschaft zu machen, würde auch nationalsozialistischen Verbrechern den Weg ebnen, wieder österreichische Staatsbürger zu werden. Abg. Eduard Ludwig (ÖVP) hält fest, dass der KdU sich gerade durch das Einbringen derartiger Anträge den Vorwurf gefallen lassen müsse, neofaschistisch zu sein. Daraufhin erklärt Abg. Karl Hartleb (WdU), durch eine Reihe von Zwischenrufen unterbrochen, die Großparteien litten an einem „Kollektivschuldwahn“ (S. 249). Der Gesetzesentwurf wird in zweiter und dritter Lesung angenommen. Zuletzt erhält Abg. Erwin Altenburger (ÖVP) einen Ordnungsruf, da dieser den Abgeordneten der WdU gegenüber mehrmals die Äußerung „Kriegsverbrecher“ getätigt habe, was er jedoch bestreitet.