Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Regierungsvorlage


Zu Gesetz: BGBl Nr. 211/1955
Materialtyp:Regierungsvorlage
Nachweis:GP VII, Beilagen-Nr. 598
Dokument im Original

Das Gesetz umfasst nur zwei knappe Artikel und wenige Zeilen. Die erläuternden Bemerkungen geben einen Aufriss über die Geschichte Österreichs bis in das 16. Jahrhundert zurück, gehen auf den Staatsvertrag von St. Germain (1919), die Moskauer Deklaration (1943) und das Kontrollabkommen der Alliierten (1946) ein. Die Verwirklichung der Absichten der Moskauer Deklaration sei durch die zehn Jahre dauernde Besetzung Österreichs und die anhaltenden Spannungen zwischen den Großmächten hinausgeschoben worden. Die Staatsvertragsverhandlungen haben acht Jahre gedauert. Ein direkter österreichisch-sowjetischer Meinungsaustausch ist erst seit der Erklärung des sowjetischen Außenministers Molotow vom 8.2.1955 möglich gewesen: Bei Besprechungen einer österreichischen Regierungsdelegation in Moskau im April 1955 ist deutlich geworden, dass die Einrichtung der immerwährenden Neutralität nach Schweizer Vorbild den Abschluss des Staatsvertrages zu sichern in der Lage sein würde. Die Sowjetunion hat akzeptiert, dass die bis dahin gepflogene Ausbeutung der österreichischen Ölvorkommen durch die Sowjetunion mit dem neutralen Status Österreichs nicht vereinbar ist. Nach einer Botschafter- und einer Außenministerkonferenz im Mai in Wien sowie nach Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15.5.1955 haben alle Parteien gemeinsam eine Entschließung im Nationalrat eingebracht, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Gesetz über die Neutralität zu erlassen. Nach dem geschichtlichen Rückblick, der den Verfassern der erläuternden Bemerkungen angesichts des historischen Anlasses gerechtfertigt erscheint, folgt eine Definition des Begriffes der (dauernden, freiwilligen und bewaffneten) Neutralität. Österreich ist ein neutraler, „nicht aber ein neutralisierter Staat“ (S. 4).